Mindset Monday
Alleine reisen
Und er kommt doch noch, der Mindset Monday . Und der Mindset Monday ist heute für mich der perfekte Anlass, über das Thema alleine reisen nachzudenken – denn genau das probiere ich hier in Valencia gerade zum zweiten Mal aus.
Das Thema alleine reisen habe ich in letzter Zeit schon öfter in Blogbeiträgen und auf Instagram angerissen, und jetzt erzähle ich euch endlich „wieso, weshalb, warum“ ich plötzlich alleine reise.
Alleine reisen – aber Sigi, hör ich da jetzt, du bist doch dauernd unterwegs. Ja, das stimmt. Aber nicht wirklich alleine.
Ich unterscheide Blogger-, Geschäfts- und Anlassreisen, wie Wandern auf dem Jakobsweg, von Urlaubsreisen. Bei ersteren gibt es immer einen Grund und am Ende des Tages eine Aufgabe und natürlich habe ich dabei auch schon alleine in einem Hotel, einer Pension, einem Apartment oder auf einem Campingplatz übernachtet – aber dahinter stand immer etwas, ein Anlass, Kolleginnen im Nebenzimmer oder ein Auftrag.
So richtig alleine gereist bin ich bis April dieses Jahres noch nie!


Reisen, an sich, liebe ich. Mit meinen Eltern war ich schon als Kind jedes Jahr unterwegs, meist nach Lido di Jesolo an der italienischen Adria. Mit 16 kam der feste Freund, mit 18 unser großer Hund Filou. Reisen richtete sich dann in erster Linie nach dem Hund: Frankreich, Dänemark. Mit Kindern wieder andere Prioritäten: kindgerecht aber individuelle Reisen ohne Club- und Pauschalurlaub, Sightseeing, Museen, Strandtage. Und so richtig viel Urlaub war auch nie drin, da mein Mann und ich solo-selbstständig sind – Urlaub bedeutet(e) bei uns, nichts verdienen.
Trotzdem bin ich immer viel gereist, aber nie alleine. Mal mit Mann, Freundinnen, Eltern, Töchtern – Wochendurlaube, Städte-, Wellness- oder Yogatrips, Kroatienurlaube mit den Töchtern und ihren Partnern. Einen Grund, alleine zu reisen, gab es nie. Trotzdem erinnere ich mich an viele Momente, in denen ich morgens oder tagsüber alleine losgezogen bin, um mir kleine Auszeiten zu nehmen und die Urlaubswelt nur durch meine Augen zu sehen.


Bloggerreisen, Partnerschaft und Solo-Erfahrungen
Irgendwann kamen die Bloggerreisen. Anfangs begleitete mich mein Mann – superpraktisch für Fotos und quasi Urlaub für uns beide. Irgendwann sagte er „keinen Bock mehr auf das Influencerzeugs“, und vor zwei Jahren kam dann das komplette Aus in Sachen gemeinsame Reisen. Und ich mußte alles neu denken.
Eine Weile hielt ich mich mit den Bloggerreisen, Fotoreisen und Kurzreisen mit Mutti, Töchtern, Freundinnen über Wasser. Aber die haben ja alle auch ihr eigenes Leben, ihre eigenen Partner und ihren eigenen Plan.


Anfang des Jahres habe ich entschieden, „alleine reisen“ einmal auszuprobieren. Kein Cluburlaub, keine Gruppenreise, kein Pauschalurlaub und schon gar keine Singlereise.
Apropos Single: Nach 42 Jahren Beziehung bin ich nun offiziell Single. Mein Mann und ich leben seit einem Jahr in einer Art WG zusammen, jeder hat sein eigenes Zimmer, sein eigenes Bad, den Rest teilen wir nach wie vor – und den Job natürlich auch. Ob die Reiseverweigerung der Grund dafür ist? Darüber erzähle ich ein andermal.
Aber ihr könnt euch sicher vorstellen, dass wenn ich noch nie alleine gereist bin, auch noch nie alleine gelebt habe, oder? Das wird dann ein größeres Projekt und eine ganz neue Geschichte.


Zurück zum alleine reisen: Mein erstes Ziel: Valencia. Nie auf der Bucket List, aber gut erreichbar, Spanien kein außergewöhnliches Reiseziel, und Backup-Freundin Julia vor Ort, falls bei meiner ersten Reise alleine, irgendetwas schief gehen sollte. Hätte ich das gebraucht? Nein. War trotzdem schön, ein kleines bisschen Gesellschaft zu haben und ein paar Tipps zu erhalten. Wir haben in der Woche, die ich in Valencia verbrachte, einen Tag miteinander verbracht. Mehr nicht.
Wohnung buchen war eine Challenge – darüber habe ich im Valencia Diary ausführlich berichtet.
Mir gefiel es im April gut hier und nun bin ich wieder hier gelandet. Statt einer Woche für zwei. Und dieses Mal ist es nicht richtig Urlaub, es ist auch keine richtige Auszeit und auch keine Workation, es ist irgendetwas dazwischen.
Was ich mir vom alleine reisen wünsche: herausfinden, wie es ist, alleine auf sich gestellt zu sein, ohne das ganz „normale Backup“ von Freunden und Familie, ohne das gewohnte Umfeld, ohne die täglichen Rituale und Routinen. Wo bringt mich das hin, mental und emotional?
Die Woche im April hier war pure Freiheit: Sport am Morgen (ich bin bekennender Sportmuffel, aber wer hier nicht zum Sportler wird…anderes Thema), Sightseeing nach meinem Plan, ohne Kompromisse. Zwei Stunden aufs Meer schauen? Perfekt. Mehr als 15.000 Schritte durch die Stadt? Klar. Museum, das sonst niemand interessiert? Check. Alles nach Lust und Laune.


Dieses Mal ist mein Gepäck ein bisschen schwerer, zum Teil mache ich Urlaub und zum Teil arbeite ich, aber dazwischen möchte ich rausfinden, wo ich mich in Zukunft sehe. Etwas was mir zuhause sehr schwer fällt, weil mich der Alltag dort immer voll im Griff hat.
Freiheit, Selbstfindung und persönliche Herausforderungen
Alleine reisen heißt für mich, wirklich auf mich gestellt zu sein. Ich bin in einem fremden Land, spreche die Sprache nicht, kenne die Gepflogenheiten nicht und bin nicht in einem All-Inclusive-Hotel aufgehoben. Alles, was passiert, entscheide ich selbst: wann ich losgehe, wo ich essen will, wie ich die Stadt erkunde, ob ich Leute anspreche und was ich den ganzen Tag mit mir anfange. Das ist Freiheit pur – gleichzeitig fordernd, weil ich nie auch nur die kleinste Entscheidung abgenommen bekomme und jedes Mal selbst sprechen muss, auch wenn es vorkommt, dass für das Gespräch die Worte fehlen und dem Gegenüber auch. Ist ehrlich auch manchmal etwas frustrierend.


Aber trotzdem, kann ich den Kopf frei bekommen, mich fallen lassen, Rituale entwickeln, die nur mir gehören. Ich habe Zeit, am Strand entlangzulaufen, über mich nachzudenken, zu reflektieren und zu spüren, was ich hier und in Zukunft zuhause wirklich will und was nicht. Kein Druck, keine Ablenkung, keine Kompromisse – einfach ich und meine Entscheidungen.
Ich habe große Entscheidungen zu treffen, aber nicht heute und auch nicht morgen, die Zeit wird auf meiner Seite sein und die nächsten Schritte werden von alleine kommen.
Gerade beschäftigen mich die Themen, wo und wie will ich leben, was brauche ich zum Leben, wie hat sich meine Einstellung die letzten Jahre verändert, z.B. auch in puncto Lebensstandard? Was sind meine Wünsche, Träume, Ziele? Will, werde, muss ich arbeiten? Wenn ja, was? Steht ein kompletter Neuanfang in allen Bereichen an?
Viele Fragen, viele Möglichkeiten und wenige Antworten, aber ich weiß, Leben ist Veränderung und ich bin neugierig auf alles, was kommt.
Hier in Valencia gibt es natürlich auch Momente, in denen ich die Gesellschaft anderer vermisse. Immer alleine am Tisch zu sitzen, kaum jemand zum Austausch, schwer ins Gespräch zu kommen, wenn man die Sprache nicht spricht und sich nicht in rein touristischen Ecken aufhält oder auf dem Land, wo einen nach spätestens drei Tagen jeder kennt.


Manchmal fehlt das Lachen, das Teilen kleiner Erlebnisse, die spontanen Momente, die man mit jemandem erlebt hätte und später als Running Gags immer wieder zum Besten gibt. Ja,und auch die Verantwortung liegt komplett bei mir – für Sicherheit, Organisation und Wohlbefinden. Aber gerade das macht die Erfahrung intensiv und lehrreich.
Alleine reisen ist kein Selbstläufer, aber unglaublich intensiv, befreiend, lebensnah. Ich war schon immer gerne alleine und weiß jetzt, dass ich mich selbst locker eine Woche aushalten kann, mal schauen wie es die zweite Woche wird…
Ich werde weiter meine Gedanken sortieren, wachsen, ohne dass jemand zusieht und Pläne für den Rest des Jahres schmieden. Valencia hat mir gezeigt: alleine reisen bedeutet Freiheit und immer für mich selbst einzustehen, eine Chance, mich selbst zu entdecken, zu reflektieren, meine eigenen Grenzen zu schärfen und zu spüren, was ich wirklich will.


Dann frage ich euch jetzt mal: Seid ihr schon einmal alleine gereist? Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht und was habt ihr über euch gelernt – und würdet ihr es wieder tun?
Reisen, gerne alleine oder mit lieben Menschen, werde ich weiterhin. Und ja, die ganze Welt werde ich nicht sehen. Aber ein paar Reiseziele stehen noch auf der Bucket List – und Träume dürfen ab und zu Wirklichkeit werden.
10 Comments
Schön, dir wenigstens über deinen Blog nahe sein zu können… Ich verstehe das gut mit dem Allein verreisen. Ich hab das schon oft gemacht, allerdings nicht so lange. Und Sprache ist wichtig.
Mit 22 bin ich ohne Handy für ein Jahr nach England. Am Anfang hab ich mich schrecklich einsam gefühlt, dann wurde es eins der besten Jahre meines Lebens. Mit 19 bin ich allein nach Regensburg, auch erst furchtbar einsam. Jetzt könnte ich mir das immer gut vorstellen. Mal sehen, wohin mich das Leben noch weht. Ganz liebe Grüße, schick Sonne. Ursula
Schön zu lesen Ursula. Ja, in meinem Leben kam das nie vor, um so mehr hatte ich mir das dann für meine Töchter gewünscht, die das auch nicht machten. Wie du weißt, waren ja beide Pferdemädchen. Aber wie du schreibst, mal sehen, wo uns der Wind des Lebens noch hinweht. Ich schick dir Sonne und liebe Grüße, Sigi
Hallo Sigi,
bei mir liegt das Alleinereisen daran, dass mein Mann vor einem Jahr gestorben ist.
Wie du bin auch ich natürlich viel unterwegs und gereist, aber nie so ganz alleine, so ohne Netz und doppelten Boden. Jetzt tue ich das und will das auch. Nicht immer, aber viel.
Es fehlt viel, wie du es sehr gut beschreibst. Aber es gibt tatsächlich auch eine andere Art der Freiheit. Die heißt es zu nutzen. Auch das ist nicht immer einfach.Du machst das großartig und es zeigt deinen Mut, jetzt auch darüber zu schreiben.
Viel Glück weiterhin und liebe Grüße von Mallorca
Karen
Hallo liebe Karen,
der Verlust des Partners ist noch mal eine ganz andere Challenge in puncto alleine sein oder auch reisen. Das tut mir leid. Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Offenheit und trotz allem Traurigen lese ich zwischen den Zeilen, dass dir deine neue Art zu leben, auch gut tut. Liebe Grüße nach Mallorca, Sigi
Hallo liebe Sigi
erstmal „Willkommen im Club der Singles“.
Auch ich lebe nach über 37 Jahren Verlobungs- und Ehezeit seit 2 Jahren alleine. Aktuell sind wir zwar noch verheiratet, aber ich denke, wenn das Vermögen aufgeteilt ist ( wir haben keinen Ehevertrag) , wird auch dies vollzogen.
Was ich ganz toll finde ( schon alleine wg unseren 3 erwachsenen Söhne 33-31-22 Jahre …) wir haben uns im absoluten „Guten“ getrennt. Feiern noch Weihnachten Ostern usw immer noch gemeinsam.
Wir beide mussten einfach feststellen, dass wir uns schlicht und einfach auseinander gelebt haben und nachdem wir zum Schluss uns wg Katzenfutter, Gartenarbeit, Freizeitgestaltung u ä fast nur noch „gestritten“ haben, sind wir zur ( der sehr guten Entscheidung..!) gekommen, vor allem um nicht die mindestens 35 Jahre der sehr schönen gemeinsamen Erlebnisse ( in jeglicher Hinsicht!) „kaputt“ zu machen, diesen Schritt zu gehen.
Schon Alleinsein war vorher für mich so gut wie unvorstellbar. Mittlerweile würde ich es gar nicht mehr anders haben wollen!!!
Nur, um nun endlich auf Dein Thema zu kommen,
ALLEIN Urlaub zu machen, habe ich mich bisher weder getraut, noch kann ich es mir sehr schwer vorstellen 🤔🧐
Umso aufmerksamer lese ich Deine Kommentare und ( wie immer!) sehr offenen, ehrlichen und klaren Gedanken. Vielleicht…., wer weiß?
Nun wünsche ich Dir noch eine schöne, erlebnisreiche und auch „ruhige“ Zeit in Valencia 🤩👏
Liebe Grüße vom Bodensee (welcher im übrigen auch im Herbst 🍂 sehr reizvolle Gegenden vorweisen kann!😅)
Daniel 🤗
Danke für deinen Kommentar Daniel, ich genieße meine Zeit hier und alleine unterwegs zu sein macht mir wirklich Freude. Und auch vielen Dank für deine Offenheit in puncto Beziehung. Und ich sehe es wie du, wieso an etwas festhalten, wenn man dadurch vielleicht das Schöne, das und auch die Challenges, die man gemeinsam gemeistert hat kaputt macht. Lieber in bester Erinnerung behalten.
Der Bodensee hat auch etwas und ist ein schönes Reiseziel, ich war im Mai dort.
Herzliche Grüße aus Valencia
Sigi
Liebe Sigi,
für mich habe ich herausgefunden: egal, ob man alleine reist oder wohnt, man muss die Tage strukturieren. Pläne machen, Verabredungen treffen. So gelingt das Leben als Single gut. Liebe Grüße, Erika
Das ist ein guter Tipp liebe Erika und ich tue mir leichter mit Struktur, das habe ich auch schon gemerkt. Routinen und Rituale sind meins, obwohl es mir auch gefällt, in den Tag hineinzuleben und zu sehen, was der Tag bringt. Liebe Grüße, Sigi
Liebe Sigi,
alleine bin ich bisher nur in Deutschland gereist und da habe ich es genossen. Einfach meinen Interessen und Vorlieben folgen. Nicht absprechen zu müssen, was man am Tag machen möchte wozu der andere dann vielleicht sogar keine Lust hat. Ich würde es jederzeit wieder tun. Es waren zwar keine 14 Tage sondern nur ein verlängertes Wochenende, aber ich lasse dann meine Gedanken schweifen, kann Pläne schmieden und die Verständigung ist natürlich auch einfacher. Ein nettes Wort mit der Bedienung oder der Museumsaufsicht, das macht natürlich alles etwas einfacher.
Ich bewundere dich für deinen Mut und deinen Bildern nach zu urteilen ist Valencia eine tolle Stadt. Aber wir Frauen können viel mehr als wir glauben und was andere uns zutrauen. Falls du noch da bist wenn du dies liest, dann wünsche ich dir noch viel Spaß.
Liebe Grüße
Gudrun
Danke liebe Gudrun, ja, ich kann das nachvollziehen mit deinen verlängerten Wochenenden. Und ich mag das hier wirklich sehr, obwohl 14 Tage auch eine Challenge sind, was die sozialen Kontakte angeht und wenn man der Sprache nicht mächtig ist. Aber man wächst. Ich habe mich gerade mit einer Deutschen unterhalten, die nun schon über 20 Jahre hier lebt, eine sehr kommunikative Autorin, sie hat gesagt, ihr erstes Jahr hier war das schlimmste, man kann keine Witze machen, sich nicht zeigen wie man wirklich ist, wenn man die Sprache nicht spricht, wird zu einem schüchternen Mäuschen…. Herzliche Grüße und danke, werde meine letzten 2,5 Tage hier noch genießen, Sigi