Mindset Monday
Hör auf dich und andere in Schubladen zu stecken
Schon mal jemanden in eine Schublade gesteckt? Also ich schon… Am heutigen Mindset Monday erzähle ich euch von den Gedanken, die ich mir zum Thema „jemanden in eine Schublade stecken“ gemacht habe. Anlass war eine Situation auf der letzten Reise mit @immerschick.de , wie wir beim durchscrollen durch Instagram eine Frau unisono in die gleiche Schublade gesteckt haben, ohne sie wirklich zu kennen.
Immer mal wieder erwische ich mich dabei, wie ich mich selbst und andere ganz schnell in Schubladen stecke. Da gibt es die Perfekte, die Lustige, die Schnell-Gestresste, die Hübsche, die Egoistische, die Arrogante und, und, und. Kennst du das auch?
Wir tun das ständig, ohne wirklich nachzudenken – ein erster Eindruck, eine bestimmte Situation, eine wiederholte Eigenschaft, und Zack, legen wir ein Etikett auf uns selbst oder auf jemanden, und plötzlich ist diese Person nur noch das. Und sobald wir jemanden einmal so sehen, erwarten wir unbewusst, dass er oder sie immer so ist.
Dabei bin ich eigentlich ein sehr neugieriger Mensch. Ich liebe es zu erfahren, wie andere leben, wie sie ticken, was sie antreibt. Mir ist bewusst, dass jeder Mensch viele Facetten hat – und trotzdem ertappe ich mich dabei, wie ich sie manchmal auf eine einzige Eigenschaft reduziere.
Aber warum machen wir das eigentlich? Vielleicht, weil es uns hilft, unser näheres und weiteres Umfeld einfacher einzuordnen? Wenn wir Menschen schnell ein Label aufdrücken, glauben wir, sie besser zu verstehen – es spart Zeit und gibt uns ein Gefühl von Sicherheit.
Doch das Problem ist: Diese Schubladen werden schnell zu Grenzen. Wir übersehen, dass jeder Mensch viele Seiten hat, dass die Lustige auch mal ernst sein kann, die Gestresste entspannt und die Hübsche mehr ist als nur ihr Aussehen. Und wir selbst? Wir sind auch nicht nur die Eine.
Und doch zeigen wir oft nur eine bestimmte Seite von uns nach außen – meistens die „gute“. Aber ist es das, was für fühlen oder inszenieren wir uns, so, wie auf unseren Instagramfotos vielleicht. Warum behalten wir oft, das, was wir wirklich fühlen lieber für uns?
Wir sind geprägt von Erziehung, Erfahrungen und gesellschaftlichen Erwartungen und verändern uns dabei aber ständig – durch Erfahrungen, Stimmungen, Begegnungen. Doch wenn wir uns und andere in Schubladen stecken, nehmen wir uns die Möglichkeit, diese Vielseitigkeit zu sehen und auszuleben. Wir reduzieren Menschen auf ein einzelnes Merkmal, anstatt sie als das zu betrachten, was sie wirklich sind: komplex, wandelbar, voller Gegensätze.
Und was passiert bei uns selbst? Wenn wir glauben, wir müssten immer die Perfekte, die Starke, die Verlässliche sein? Dann setzen wir uns selbst unter Druck, Erwartungen zu erfüllen, die uns vielleicht gar nicht immer entsprechen. Und fühlen uns am Ende schlecht, wenn wir nicht so sind, wie wir sein sollten oder wollen…
Vielleicht ist es an der Zeit, uns selbst und anderen mehr Raum zu geben. Raum, um heute laut und morgen leise zu sein, mal sicher und mal unsicher, mal stark und mal verletzlich. Raum, um uns weiterzuentwickeln, neue Seiten an uns zu entdecken und alte Rollen loszulassen.
Weil Vielseitigkeit eben kein Widerspruch ist – Vielseitigkeit ist ein Zeichen von Authentizität und persönlichem Wachstum. Nur weil du heute nachdenklich bist, heißt das nicht, dass du nicht auch die fröhliche, unbeschwerte Seite in dir trägst. Alles gehört zu dir und zu mir.
Echte Begegnungen entstehen, wenn wir Menschen nicht auf eine Rolle oder Eigenschaft reduzieren.
Gerade heute, wo politische und gesellschaftliche Spannungen zunehmen, braucht es meiner Meinung nach den Mut, uns gegenseitig zu respektieren und die Komplexität jedes Einzelnen zu erkennen. Gerade auf diesen Ebenen benötigen wir dringend eine Mitte, die Veränderungen bewirken kann.
Gleichzeitig frage mich aber, wie man in einer Demokratie, die auf Meinungsfreiheit und Miteinander basiert, Menschen in Schubladen stecken oder gar komplett von der Freundesliste streichen kann, anstatt einander zuzuhören, die Vielfalt der Perspektiven zu sehen, um gemeinsam Lösungen zu finden, die für alle gut sind.
Wenn wir im Kleinen kein Miteinander und keine Mitte finden, wie soll es dann auf der Welt funktionieren?
Zum Ende hin ist der Beitrag ein kleines bisschen politisch geworden, aber ich lösche meine Gedanken nicht, schreibt mir gerne eure Meinung dazu.
Aber mal ganz ehrlich, Politik und Weltgeschehen gehen im Moment doch an keinem vorbei. Ursula hat übrigens letzten Sommer einen Hashtag zum Thema Demokratie erstellt, #ü50fürdemokratie , den ihr künftig gerne nutzen könnt und einen interessanten Beitrag geschrieben, den lest ihr hier.
Schönen Wochenstart euch allen.
4 Comments
Vielen Dank für deine Unterstützung und den tollen Beitrag. So fängt die Woche gleich gut an. Es ist wichtig, im Dialog zu bleiben. Happy Monday! Ursula
Genau, so sehe ich das auch. Man muss nicht immer einer Meinung sein, aber die des anderen akzeptieren und sich weiterhin in die Augen schauen können. Und gerne, muss daran denken, den Hashtag öfter zu nutzen. Liebe Grüße
Meine liebe Sigrid,
auf Deinen Artikel heute muss ich einfach eine Antwort schreiben – ja, das Schubladendenken ist wohl eine eigene Sache. In meinem Fall, ich könnte Deine Mutter sein, wurde es durch Erziehung geprägt – ich habe mich aber bald und durch viel Revolution davon verabschiedet und mache mir seit vielen, vielen Jahren immer ein eigenes Bild. Auf den Netzwerken kommt mir jemand sympathisch vor oder auch nicht, interessant oder auch nicht – danach halte ich mich, ob ich derjenigen (demjenigen) folge.
Was Dein Thema Demokratie anlangt – die sehe ich seit einigen Jahren nicht mehr. Entweder man läuft mit dem Mainstream mit, oder man ist außen vor. Meinungsvielfalt und Miteinander hat sich seit 2020 wohl großteils verabschiedet – man muss dazu nur die Augen aufmachen oder sich, wie meine Familie und ich abseits von ORF, ZDF, ARD usw. bewegen.
Ich bin aber ein hoffnungsvoller Mensch und hoffe und bete darum, dass wir doch wieder in eine bessere Welt kommen mögen – wo wir wieder ohne viel zu überlegen miteinander reden können, wo Meinungen und seien sie noch so kontrovers akzeptiert werden und wo auch Schubladendenken ein alter Hut sein wird.
Liebe Grüße
Roswitha @rowi60plus
Hallo liebe Roswitha, erst einmal, ich freue mich immer über Kommentare, gerne öfter und zum zweiten, meine Mutter könntest du wohl nicht sein, da müsstest du sehr, sehr früh angefangen haben, ich bin Baujahr 1966. Ich mache mir auch ein eigenes Bild, aber manchmal mache ich es doch ein bisschen vorschnell, aber daran arbeite ich. Und du hast vollkommen recht mit der Demokratie, die muss man oftmals suchen gehen und was ich auch gut finde, sich abseits vom Mainstream zu informieren. Das schaffe ich leider nicht immer. Ganz toll finde ich deinen letzten Satz, genau das ist es, was ich sagen wollte und was mir auch am Herzen liegt… Ganz vielen Dank dafür und habe eine schöne Woche. Sigi