Valencia Diary 

Mi barrio – mein Viertel

Heute möchte ich euch mal ein bisschen über das Viertel erzählen, in dem ich für meinen Urlaub in Valencia wohne. Es heißt El Cabanyal. Eigentlich El Cabanyal – El Canyamelar und gehört zum Bezirk Poblats Maritíms.

Es ist der alte Stadtteil der Fischer, das Leben hier hat einen anderen Rhythmus als in der lebendigen Innenstadt, auch wenn sich das Viertel mittlerweile zum Trendviertel mausert.

Es gibt noch Webseiten, auf denen El Cabanyal als No-Go Area beschrieben wird. Und gerade habe ich mich mit einer netten, hier seit langem lebenden, Deutschen unterhalten, die gerade Besuch aus Neuseeland hat. Sie erzählte mir, der 15jährige Sohn des Besuches fragte: „Sind das hier die Slums von Valencia?“

El Cabanyal ist weder die Slums noch eine No-Go Area, es ist ein traditionelles Viertel, das mit dem Erhalt der besonderen Architektur und Struktur hier zu kämpfen hat. Weil, wie überall, das Geld fehlt.

Aber was ich sehr charmant und ein bisschen shabby finde, muss jemandem anderen natürlich nicht gefallen.

El Cabanyal ist eher ein Wohnviertel, das auf der einen Seite vom langen Sandstrand mit Promenade und vielen Freizeitmöglichkeiten begrenzt wird und auf der anderen am Marktgebäude Mercat Muncipal del Cabanyal, über den ich schon berichtet habe, endet. Dazwischen schachbrettartige schmale Einbahnstraßen und -sträßchen mit den typischen El Cabanyal (Fischer-)Häusern mit gekachelten und bunten Fassaden. Die Einheimischen sitzen auf Stühlen zum Plausch davor.

El Cabanyal steht seit 1993 unter Denkmalschutz. Die Häuser sind meist zweistöckig und ganz schmal und es gibt sowohl organisierte Führungen mit viel Wissenwerten über das Viertel als auch eine virtuelle Führung durch den Stadtteil zu den schönsten Häusern.

Ich bin mittlerweile schon so oft durch diese Straßen gelaufen und mit meinem Fahrrad gefahren, aber immer wieder bleibe ich stehen, um eines der Häuser oder ein Detail zu fotografieren. Auch wenn hier mittlerweile die Zeichen der Zeit auch nicht halt machen, ist das Viertel für mich sehr charmant und authentisch. El Cabanyal hat einfach ein ganz besonderes Flair. Hier werden Traditionen hochgehalten aber es wird auch weiterentwickelt, auch im kulturellen Sinn.

Vielleicht fällt euch bei den Häusern auf, was ich schon in einem anderen Artikel geschrieben habe, dass sie schmal sind und ich mich mit einer Erdgeschoß-Wohnung als Neu-Alleinreisende schwer tue, da man direkt hinter den Gittern an den Fenstern an der Straße wohnt.

Geschäfte und Supermärkte für den täglichen Bedarf gibt es genug, andere Geschäfte und große Hotels sucht man vergeblich. Eingekauft wird donnerstags auf dem Markt. An der Strandpromenade findet man dann ein paar Souvenirläden und etliche Stände mit Schmuck, Tüchern und anderen hübschen Dingen. Und eine Kirche gibt es natürlich auch im Viertel.

El Cabanyal entwickelt sich weiter und das bringt, wie überall, natürlich nicht nur Gutes mit sich. An manchen Ecken wirkt das Viertel ein bisschen unansehnlich, ärmlich oder sogar heruntergekommen, einige Häuser sind dem Verfall preisgegeben oder bereits abgerissen, was man an kleinen Baulücken oder Bauschutthaufen sieht.

Aber es wird renoviert und saniert ohne Ende, was natürlich Fluch und Segen zugleich ist. Das architektonische Erbe wird bewahrt, dem Verfall Einhalt geboten.

Auf der anderen Seite übernehmen Investoren die Häuser, Touristenwohnungen werden geschaffen, Expats und Auswanderer kommen, für die Einheimischen wird der Wohnraum knapp oder viel zu teuer. An manchen Wänden oder auf Plakaten kann man schon Sprüche wie „Tourists go home!“ lesen. Das ist schade und ich hoffe sehr, dass man hier eine Mitte für alle finden kann.

Trotz städtebaulicher Kontroversen, Nachbarschaftsproblemen und touristischer Debatten ist das ehemalige Fischerviertel für mich eines der attraktivsten und sehenswertesten Viertel der Stadt, einfach weil die Uhren dort immer noch anders gehen.

Im Cabanyal gibt es auch eine großartige Gastroszene, für die auch zwei Urlaube nicht reichen, um alles auszuprobieren und zu entdecken. Es gibt alteingesessene Lokale mit Tradition sowie wie viele moderne Neueröffnungen. Von Tapas über Fischgerichte und Paella bis hin zum typischen valencianischen zweiten Frühstück, el almuerzo, ist alles dabei.

In meinen vorhergehenden Beiträgen habe ich euch immer wieder Restauranttipps und Frühstücktipps eingebettet. Hier für euch noch ein paar zusätzliche Tipps, die noch nicht vorkamen:

Mercader und Mercabañal. Bei uns würde man wohl „moderne Food Courts“ dazu sagen. Das Prinzip erinnert an ein Foodtruck-Festival: Man schlendert von Stand zu Stand, wählt einfach, worauf man gerade Lust hat, nimmt sich ein Getränk dazu und und sucht sich einen Platz in einem der unterschiedlichen Sitzbereiche – von Stehtisch über loungig bis gesellig.

Mercader ist der gehobenere Food Court, dort gibt es auch ein Restaurant für das man reservieren kann. Mein Tipp: drinnen an der Fischtheke: Calamar a la plancha bestellen. Göttlich. Bild gibt’s nicht, weil ich so gierig war und fotografieren vergessen habe.

Mercabañal ist der lässigere, günstigere, mit jüngerem Publikum. Aber nicht weniger empfehlenswert. Auf was man eben gerade Lust hat.

Eines meiner Lieblingslokale ist Ca La Mar, einmal weil das Preis-Leistungs-Verhältnis super ist, weil viele Einheimische dort essen und weil es ums Eck ist. Einfach leckere Tapas.

Auch sehr zu empfehlen das Boca Abajo. Hier hängt, wie der Name schon sagt, einiges von der Decke. Ich esse meist Tapas, wenn ich zum Essen rausgehe, damit ich so viel wie möglich unterschiedliches probieren kann.

Ein kleines Museum gibt es auch noch im Viertel in Strandnähe. Das Casa Museo Vicente Blasco Ibañez. Dieser war ein berühmter valencianischer Schriftsteller. Kein Must-See, aber alleine Haus und Garten und die Lage an der Playa de Malvarossa sehenswert.

Aber jetzt genug für heute, von den Stränden und von der Hafengegend erzähle ich ein anderes Mal. Bleibt dran am Valencia Diary.

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