Mindset Monday 

Bin ich ehrlich – oder spricht der Affe?

Schon wieder Mindset Monday, dann frage ich doch gleich einmal: „Wie geht es euch?“.

Kennt ihr das? Jemand fragt „Wie geht’s dir?“ und ehe ihr richtig drüber nachdenkt, ist das „Gut!“ schon draußen.

Und jetzt sitze ich hier, irgendwo zwischen meinem Blog, Instagram-Postings und der Frage: Bin ich ehrlich zu mir selbst – oder gebe ich Antworten und erzähle manche Sachen mit vollster Überzeugung nur, weil man das so von mir erwartet oder weil es vielleicht bequem ist? Und glaube ich dann am Ende selbst daran, dass es so ist und meinen wahren Gedanken entspricht?

Könnt ihr mir noch folgen?

Neulich hatte ich dazu ein Gespräch mit M., keine Ahnung ob er genannt werden möchte, deshalb M.  Das Thema, dass mich jetzt seit ein paar Tagen umtreibt ist nämlich gar nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern auf seinem.

M. ist so ein Typ, der wirklich zu jedem Thema etwas weiß und außerdem gerne durch den Wald wandert. Während ich panisch nach meinem WLAN-Passwort suche, baut er wahrscheinlich irgendwo einen Unterschlupf aus Ästen und genießt die Stille. Kein Instagram, keine Likes, keine Stories – nur er und das Leben. Sein ganzer Vibe ist bodenständig und unaufgeregt, als hätte er erfunden und verstanden, wie man das Leben auf das Wesentliche reduziert. Das erdet mich an manchen Tagen.

Aber zurück zum Thema. Es gibt diesen kleinen Affen in meinem Kopf, der nie wirklich Ruhe gibt. Manchmal ist er lauter, manchmal leiser, aber er quatscht ständig, M. nennt seinen übrigens „Quatschi“. Er, also der Affe nicht M., flüstert mir Dinge wie: „Mach dir keinen Stress, das wird schon“, oder „Es ist nicht so schlimm, du hast schlimmeres erlebt“. Der Affe liebt es, mich davon abzuhalten, ehrlich zu mir selbst zu sein.

Warum? Weil es viel bequemer ist, unangenehme Wahrheiten zu verdrängen. Der Affe schiebt alles beiseite, was weh tun könnte, und sorgt dafür, dass ich die Ausreden wähle, anstatt den Mut zu finden, mich meinen eigenen Gefühlen zu stellen.

Und genauso ist es, wenn ich versuche, meine eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Überlege ich, ob ich „nein“ sagen kann, quatscht der Affe: „Du willst doch nicht unhöflich sein!“ oder „Stell dir vor, was die anderen denken!“ Statt ehrlich zu sagen, dass ich eine Pause brauche oder Grenzen setzen möchte, überredet er mich, weiterzumachen, um Konflikte zu vermeiden.

Manchmal merke ich gar nicht, dass der Affe spricht und nicht ich. Aber wie kann man rausfinden, was echt ist?

Genau das fragte mich M.: „Weißt du eigentlich, ob das, was du sagst, wirklich echt ist?“ Die Frage fand ich zuerst befremdlich – ich, die ehrliche, authentische, sympathische Sigi, warum sollte ich nicht ehrlich sein?

M. hat mir dann seine Methode erklärt, wie er herausfindet, ob er ehrlich zu sich selbst ist. Die Idee: Stell dir eine Person vor, vor der du so viel Respekt (oder Angst) hast, dass du gar nicht anders kannst, als die Wahrheit zu sagen. Eine Art Ehrlichkeitsgeist, der dich heimsucht.

Wir saßen bei einer Tasse Kaffee und ich sagte „Ok, probieren wir es aus.“

Aber dann kam die Realität: Ich bin keine Freundin von Geistern oder Fantasiegestalten. Es gab niemanden, vor dem ich so viel Respekt hatte, dass ich plötzlich total ehrlich sein wollte. Dieses Fake-Rollenspiel passte einfach nicht zu meinem Realismus.

Wir probierten Mörder, Diktatoren, Mafiosi – alles nur Fiktion. Mein Leben hing nicht von diesen Figuren ab, sondern vom Hier und Jetzt. Und jedes Mal, wenn fiktiv jemand fragte: „Machst du das alles, weil du es liebst, oder für die Likes?“, schmiss der Affe schon einen Bananensmoothie, bevor ich antworten konnte.

Tja, das wurde nichts.

M. lachte sich natürlich schlapp. „Zu wenig Vorstellungskraft“, meinte er. “Nicht meine Methode”, dachte ich.

Ich war enttäuscht, weil ich dachte, ich könnte meine Meinung und die des Affen klar auseinanderhalten. Also wechselten wir das Thema.

Im Gespräch erwähnte ich dann, dass ich immer wieder sage, mit 60 meinen Führerschein abzugeben. Autofahren stresst mich, ich sehe Schilder nicht, werde ständig geblitzt – ich brauche kein Auto mehr, es gibt ja Alternativen. Das ist mein Standardargument.

Doch 2024 war anders: Ich fuhr viel Auto, hatte Shootings, schleppte Klamotten und Schuhe zuhauf und Kamila war mit ihrem Zeugs auch oft noch mit von der Partie. Mein Auto ist nicht klein, und es ist praktisch, einfach alles reinzuwerfen. Mittlerweile macht Autofahren sogar manchmal Spaß, und ich halte mich penibel an Geschwindigkeitsbegrenzungen, weil ich den Führerschein nicht schon wieder weghaben will. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht mehr, dass ich 2026 den Führerschein abgebe.

M. lachte: Genau darum geht’s. Sei ehrlich zu dir selbst und hinterfrage ab und an deine Standardfloskeln. Und das Beste? Ich brauchte kein Horrorszenario – es kam ganz von allein, ohne dass der Affe dazwischenquatschte.

Nach dem Gespräch habe ich weiter über den Affen und meine Aussagen nachgedacht und meine eigene Methode gefunden, mich selbst zu hinterfragen, nämlich mit diesen Fragen:

  • Würdest du das deiner besten Freundin genauso sagen?
  • Was würdest du denken, wenn dir jemand dasselbe erzählt?
  • Klingt das nach mir, oder klingt das nach einer Floskel?

Ich habe es ausprobiert. Es funktioniert! Natürlich habe ich manchmal keine Lust auf diese Selbstverhöre. Es ist viel bequemer, dem Affen das Mikrofon zu überlassen. Aber oft schalte ich ja auch intuitiv den Affen aus bzw. höre nicht hin.

M. meint, Ehrlichkeit zu sich selbst ist ein Gradmesser für unser Wohlbefinden. Und er hat recht: Ist man es nicht, trägt man Konflikte aus – bewusst oder unbewusst. Und das raubt am Ende des Tages Energie oder macht uns im schlimmsten Falle krank.

Es gibt diese Momente, in denen ich überzeugt bin, ehrlich zu sein – bis ich merke, dass ich mir vielleicht doch nur etwas vormache. Oft passiert das bei großen Entscheidungen, wenn ich denke: „Das ist genau das, was ich will!“ – und ein kleiner Zweifel flüstert, dass ich nur versuche, das Unangenehme auszublenden. Der Affe im Kopf nickt: „Bleib dabei, das klingt gut. Bloß nichts hinterfragen.“ Und so bleibe ich in der Komfortzone.

Kennt ihr das? Ihr wollt etwas loslassen, und dann flüstert eine leise Stimme: „Bist du dir sicher? Das war doch eigentlich ziemlich gut so.“ Der Affe sorgt dafür, dass ihr an der bequemen Geschichte festhaltet und diese am Ende selbst glaubt – weil es einfacher ist.

Was habe ich mitgenommen? Ehrlich zu sich selbst zu sein, heißt, gegen die eigene Bequemlichkeit anzukämpfen. Es bedeutet, hinzuschauen, was ich wirklich fühle, statt auf Standardantworten zurückzugreifen. Das ist unbequem und erfordert, die Komfortzone zu verlassen – aber es befreit.

Die Fotos zum heutigen Mindset Monday stammen von Wolfgang Taugner und sind auf unserer Shootingreise nach Holland entstanden. Danke dafür.

Vielleicht klappt das nicht immer, und ja, der Affe wird sich wohl auch nie abschütteln lassen. Aber ich habe festgestellt, dass es sich lohnt, innezuhalten und zu fragen: Glaubst du das wirklich? Bist du ehrlich? Oder ist es nur bequemer?

Wie geht’s euch damit?

4 Comments

  1. Trinidad Rodriguez Reply

    Guten Morgen liebe Sigrid, so ein spannendes Thema. Bei mir ist die Äffin auch präsent, gerade wenn es um meine Familie geht. Da gehe ich oft den bequemen Weg, auch, um andere nicht zu verletzen. Und jetzt kommt es nämlich: was ist schlimmer für mich? Schon wieder ja gesagt zu haben, obwohl ich nein meinte! Oder nein zu sagen und dann die verletzten Menschen um mich herum auszuhalten? Schwer sometimes. Danke für diesen Gedanken, weil natürlich Ehrlichkeit zu sich selbst obere Priorität haben muss! Viele Grüße Trina

    • Dein Kommentar freut mich sehr Trina, ja, manchmal da steckt man echt in der Zwickmühle und ein echt sehr interessanter Aspekt, den du da einbringst. Manchmal will man es einfach bequem und vermeintlich harmonisch haben. Herzliche Grüße, Sigi

  2. Liebe Sigi,
    da hast du ein heikles Thema angesprochen. Auch ich gehöre zu den Menschen, die andere nicht vor den Kopf stoßen möchten. Manchmal finde ich das auch richtig. Denn nicht jede/jeder verträgt die ungeschminkte Wahrheit.
    Aber ich werde das in Zukunft öfter hinterfragen. Das zumindest nehme ich mir vor!
    Liebe Grüße
    Erika

    • Ja, da sind wir uns ähnlich. Wir möchten niemanden verletzen. Herzliche Grüße zu dir, Sigi

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